KIT: Die Übung als Schlüssel zum richtigen Handeln - Akutbetreuungsübung am Flughafen Graz , 04. 11. 2004
Feldkirchen, am 4.11.2004: „Bei einem Flugnotfall kann ein Flughafen innerhalb kürzester Zeit in die Lage kommen, dass er Passagiere mit den unterschiedlichsten Problemen, Angehörige und Abholer, Interessierte und Presse in den verschiedensten Sprachen betreuen und informieren muss“, erklärt Mag. Gerhard Widmann, Geschäftsführer des Flughafen Graz. „Noch dazu müssen in so einem Fall nicht nur verschiedene interne, sondern auch externe Stellen mit einander arbeiten und das muss schlicht und einfach regelmäßig geübt werden!“
Bereits im vergangenen Jahr fand am Flughafen Graz eine große Notfallübung statt; allerdings wurden damals vor allem die Handlungsabläufe „airside“ – also die Passagierbergung, Brandbekämpfung etc. geübt. Am 4. November war die „landside“ dran und damit alle Abläufe, die mit der Passagier – und Abholerbetreuung etc. zu tun haben. Diese Übung war damit nach Außen hin nicht ganz so spektakulär, dafür aber nicht weniger diffizil und genauso wichtig wie die letztjährige.
Der Alarmplan 2, auf dem die Übung beruht, tritt nicht nur in Kraft, wenn ein Flugnotfall innerhalb des Flugplatzrettungsbereiches auftritt, sondern auch, wenn Passagiere von oder nach Graz fliegend betroffen sind. In so einem Fall kommt es für einen Flughafen zu einer doppelten Belastung, da einerseits der normale Flugverkehr weiter läuft, während andererseits gleichzeitig mit dem Einströmen bzw. den Anrufen von Personen mit einem massiven Informations- und Betreuungsbedarf zu rechnen ist, die sich um ihre Angehörigen Sorgen machen.
Wie auch in einem wirklichen Notfall, so war auch in dieser Übung der „Behördliche Führungsstab“ das Herz aller Aktionen, da er für die Beurteilung und die Durchführung aller im Notfall notwendigen Maßnahmen verantwortlich ist. Im Führungsstab sind alle relevanten Stellen bzw. Organisationen unter der Führung des je nach Katastrophen- oder Sicherheitspolizeigesetz zuständigen Leiters vertreten. Bei der Übung war dies dies DDr. Burkhart Thierrichter , Bezirkshauptmann der BH Graz-Umgebung.
So erklärte der Herr Bezirkshauptmann: „Als zuständige Behörde sind wir sehr glücklich darüber, dass der Flughafen Graz das Thema Krisenintervention und Akutbetreuung so ernst nimmt. Die vorbildliche Art und Weise, in der Notfallpläne erarbeitet bzw. Übungen durchgeführt werden, stellt für uns eine große Erleichterung dar!“
Um die vielen Aufgaben, die bei einem Notfall entstehen, überhaupt bewältigen zu können, hat das Land Steiermark das Kriseninterventionsteam (KIT) unter der Leitung von Hofrat Dr. Kurt Kalcher und Primaria Dr. Katharina Purtscher gebildet, dass neben vielen anderen Stellen wie z.B. Landeswarnzentrale Steiermark, Rotes Kreuz etc. an der Übung in tragender Rolle mit achtzig ehrenamtlichen Akutbetreuern unter der Leitung von Herrn Edwin Benko teilnahm.
Hofrat Dr Kurt Kalcher, Leiter der Abteilung für Katastrophenschutz und Landesverteidigung: „Aus der Sicht des steirischen Katastrophenschutzes ist diese Übung „Delta 1“ mit ihrer Ausgangslage und ihrem damit verbundenen Leistungsumfang eine Übung von besonderer Wichtigkeit. Sehr gerne unterstützt daher die Fachabteilung 7B Katastrophenschutz und Landesverteidigung mit den Aufgabenbereichen der Landeswarnzentrale und der Koordinationsstelle „Krisenintervention“ diese richtungsweisende Großübung.
In der seit Jahren ausgezeichneten Zusammenarbeit zwischen den freiwilligen Einsatzorganisationen, der zuständigen Katastrophenschutzbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Graz – Umgebung und dem Flughafen Graz liegt das Geheimnis eines professionellen gemeinsamen Krisenmanagements.
Die Übung „Delta 1“ des Flughafen Graz stellt einen weiteren Schritt für die Sicherheit der Steiermark dar und trägt entschieden dazu bei, dass der Katastrophenschutz der Steiermark auf eine internationale Interessenslage gehoben wird.“
Der Flugverkehr wurde durch die Übung nicht beeinträchtigt. Vor der Übung fand eine eingehende Information der Anrainer statt.
Fact-Sheet:
| Amt der Steiermärkischen Landesregierung FA 7B |
112 Personen |
| Airlines |
33 Personen |
| Beobachter |
ca. 60 Personen |
| Flughafen Graz Betriebsgesellschaft |
34 Personen |
| Grenzkontrollstelle Flughafen Graz |
3 Personen |
| Zoll |
1 Person |
| Flughafen Graz Sicherheitsgesellschaft |
3 Personen |
| Österreichisches Rotes Kreuz |
20 Personen |
| Behördlicher Führungsstab |
10 Personen |
Übungsablauf:
Das Luftfahrzeug (LFZ) mit der planmäßigen Flugroute Moskau-Linz-Graz-Moskau startete in Linz um 15.30 Uhr loc. und hatte 25 Passagiere, mit dem Ziel Graz, an Bord.
Nach der Zwischenlandung in Graz sollten für den Weiterflug nach Russland weitere 10 Passagiere (roleplayer KIT Land Steiermark) an Bord gehen.
Diese 10 Passagiere hatten die Sicherheits- und Passkontrolle bereits durchgeführt und befanden sich im Non- Schengen Warteraum des Flughafen Graz.
Die anfliegende Boeing verlor weiter an Triebwerksleistung und sank unter den vorgegebenen Gleitpfad.
Von der Flugsicherung Graz wurde mittels großer Sirene „Alarm Notstufe“ ausgelöst.
Das LFZ, bei dem inzwischen bereits beide Triebwerke ausgefallen sind, schaffte es trotzdem bis zum Flughafen und setzte 300 Meter vor der Schwelle 35 in der Wiese auf.
Durch den starken Bodenkontakt des Bugfahrwerkes wurde dieses abgerissen. Dadurch schlitterte das LFZ unlenkbar mit der Nase am Boden gegen den Hangar Ost und kam südlich des oben angeführten Objektes außerhalb des Sicherheitsstreifens der Piste „C“ ohne Brandausbruch zum Stillstand (die Lage des verunglückten Luftfahrzeuges wurde so gewählt, dass die Fortführung des Flugverkehrs gewährleistet war).
Die Flugzeuginsassen konnten sich größtenteils selbst befreien.
Bei der Triage durch den anwesenden Notarzt (LNA) und dem Österreichischen Roten Kreuz (ÖRK) wurden 20 Passagiere und zwei Crewmitglieder als unverletzt und die restlichen fünf Passagiere sowie drei Crewmitglieder als verletzt eingestuft. Die verletzten Passagiere, die von Atemschutzträgern der Feuerwehr Flughafen geborgen wurden, wurden vom ÖRK fiktiv in Krankenhäuser gebracht.
Die 20 unverletzten Passagiere wurden durch Mitarbeiter von FGB- Transport (FGB-T) in den dafür vorgesehenen Sammelraum gebracht und in der Erstphase vom Emergency Assistance Team - Flughafen Graz (EAT) betreut und mit dem vorläufig Notwendigsten versorgt.
Die beiden unverletzten Crewmitglieder wurden gesondert in den Crewraum gebracht und zunächst von Airlinevertretern versorgt.
Nach Eintreffen der ersten Mitglieder des Kriseninterventionsteam des Landes Steiermark übernahmen diese die psycho- soziale Akutbetreuung der 20 Flugzeuginsassen sowie der 10 wartenden Passagiere für den geplanten Weiterflug nach Moskau.
Ab diesen Zeitpunkt verlegte sich das EAT auf organisatorische Aufgaben; um diese Tätigkeiten gut ausführen zu können, wurden alle Entscheidungen mit dem inzwischen aufgebauten behördlichen Führungsstab (F-Stab) abgesprochen und von diesem angeordnet.
Zu diesen Aufgaben zählte unter anderem die Passagier- und Abholerbefragung sowie die rasche Weitergabe der aufgenommenen Daten an das Notfallinformationszentrum (NIZ).
Durch Abholer (25 roleplayer KIT Land Steiermark), die auf der Aussichtsterrasse auf die ankommende Maschine warteten, und somit das Unglück mitverfolgen konnten, kam es sofort nach dem Ereignis zu einem massiven Informationsbedürfnis.
Mitarbeiter des EAT brachten diese Personen so schnell wie möglich in den dafür vorgesehenen Sammelraum und betreuten sie bis zum Eintreffen der KIT- Mitarbeiter.
Um besorgte Angehörige der Passagiere so schnell wie möglich informieren zu können, wurde vom Notfallinformationszentrum (NIZ) ein externes Call-Center im Einsatzkommandoraum (EIKO) der Fachabteilung 7B, Paulustorgasse 4, Graz, aktiviert. Die Anrufe der Angehörigen wurden von Darstellern des Österreichischen Bundesheeres und von roleplayern KIT Land Steiermark durchgeführt.
Vom NIZ wurden alle Daten der Passagiere (verletzt und unverletzt), die mittels Befragungsblättern oder Patientenleittaschen erhoben wurden an das Call-Center und an den F-Stab weitergeleitet.
Die Daten der wartenden Abholer wurden erhoben und dem Führungsstab übermittelt. Dieser entschied über die Zusammenführung der Abholer und des betreffenden Passagiers, die dann von den KIT – Mitarbeitern durchgeführt wurde.
Übungszweck:
- Überprüfung der Zusammenarbeit aller an der Übung beteiligten Personen und Organisationen
- Erprobung der Maßnahmen Kriseninterventionsteam Land Steiermark (KIT)
- Erprobung der Maßnahmen Emergency Assistance Team Flughafen Graz (EAT)
- Erprobung der Übergabe von Betreuungstätigkeiten von EAT zu KIT
- Erprobung Übernahme der organisatorischen Tätigkeiten von EAT
- Erprobung Passagier- und Abholerzusammenführung
- Erprobung der Maßnahmen und Abläufe des überarbeiteten Alarmplan 2
- Training, Festigung und Umsetzung der Schulung "Psycho- soziale- Akutbetreuung"
- Wiederholung einzelner Aufgaben und Verbesserungen aus früheren Übungen
- Überprüfung der Alarmierung
- Einsatz und Erprobung der automatisierten Alarmierungseinrichtung
- Einsatz und Erprobung der Sprachaufzeichnungsanlage
- Überprüfung der Eingreifszeiten
- Überprüfung der Zusammenarbeit von Fremdpersonen mit Flughafen internem Personal
Flughafen Graz Notfallplanung - „Emergency-Assistance-Team“ (EAT)
Eine wichtige Maßnahme ist die psycho- soziale Akutbetreuung für Passagiere und Abholer.
Für diese Aktionen sind in der Notfallplanung das Kriseninterventionsteam vom Land Steiermark (KIT) und das Special Assistance Team - Austrian Airlines (SAT) vorgesehen.
KIT Land Steiermark kann durch Alarmierungszeiten und Anfahrtszeiten jedoch erst verspätet am Flughafen eintreffen.
Damit diese Zeit so gut als möglich überbrückt werden kann, wurde am Flughafen Graz das „Emergency-Assistance-Team“ (EAT) gegründet.
Das Team besteht aus Mitarbeitern von
STYRIAN SPIRIT (Z2)
AUSTRIAN ARROWS (VO)
FLUGHAFEN GRAZ BODENSERVICES (FGS)
FLUGHAFEN GRAZ BETRIEBSGESELLSCHAFT (FGB),
und wurde von Prim. Dr. Katharina Purtscher und Herrn Edwin Benko (Amt der Steiermärkischen Landesregierung-Koordinationsstelle Krisenintervention) geschult.















